Wenn Leute heutzutage über „Kampfkünste“ reden kommt meistens auch sehr schnell das Thema „Selbstverteidigung“ zur Sprache. Menschen wollen sich sicher fühlen, und es hat sich mittlerweile eine ganze Industrie um dieses Bedürfnis entwickelt.
Es gibt Bücher, Kurse, Ausbildungen, „Hilfsmittel“ und allen ist gemeinsam, dass dort viel Geld mit der Angst der Menschen verdient werden kann. Womit? Genau mit der ANGST.
Um das Thema „Selbstverteidigung“ zu verstehen, möchten wir zunächst ein wenig in die Biochemie des Gehirns einsteigen und erläutern wie diese mit den Emotionen zusammenhängt.
Wir hatten uns ja schon in dem Artikel über „Das Gehirn und die Bilder“ mit dem Noradrenalin auseinandergesetzt und gesehen, was es im Gehirn anstellt. Noradrenalin ist ein sogenannter Neurotransmitter, ein Botenstoff, der durch seine Freisetzung bestimmte Zellen und Gehirnareale aktiviert, da diese entsprechende Rezeptoren besitzen, die auf dieses Molekül reagieren. Es ist ein Schlüssel-Schloss-Prinzip: Wenn ein Neurotransmitter auf den Rezeptor trifft, dann passt er dort hinein und legt gewissermaßen einen Schalter um, was dazu führt, dass eine Reaktion in der Zelle/dem Gehirnareal ausgelöst wird.
Schauen wir uns einmal die wichtigsten Neurotransmitter des Gehirns, und ihre Funktion, an:
Es gibt zunächst das Glutamat, das für die Erregung des Gehirns zuständig ist, und seinen „Gegenspieler“ Gamma-Aminobuttersäure (kurz GABA), der für die Beruhigung zuständig ist.
Um die Funktion dieser beiden Mechanismen zu verstehen, wollen wir kurz verdeutlichen, wie man diese Transmitter mit Getränken beeinflussen kann:
Wenn man Kaffee, oder Tee, trinkt, dann nimmt man Koffein zu sich. Koffein sorgt für eine Blockade sogenannter Adenosinrezeptoren. Adenosinrezeptoren bewirken, dass Glutamat im Gehirn WENIGER freigesetzt wird, dadurch wird man weniger aufmerksam, also müde. Wenn man nun einen Espresso trinkt, dann werden diese Rezeptoren durch das Koffein gehemmt, es wird mehr Glutamat freigesetzt, man wird aufmerksamer, also wach.
Eine Substanz, die, unter anderem, dafür sorgt, dass GABA freigesetzt wird, ist Alkohol. Wenn ich also ein Glas Wein trinke, dann wird in meinem Gehirn vermehrt GABA vorhanden sein, was dafür sorgt, dass meine Erregung abnimmt. Dies führt zu den bekannten Effekten des Alkohols: Entspannung und in höheren Dosen Rausch und Bewusstlosigkeit.
Die beiden nächsten Neurotransmitter, die wir uns angucken wollen, sind Dopamin und Serotonin. Beide sind sogenannte Monoamine und gehören damit zur selben Gruppe wie das Noradrenalin. Was bewirken sie nun? Dopamin und Serotonin sind sogenannte „Glückshorme“ und eine erhöhte Konzentration dieser Substanzen fühlt zu Glücksgefühlen, Zufriedenheit und Entspannung. Ein Mangel dieser Substanzen zu Unzufriedenheit, Traurigkeit, Lustlosigkeit und Aggression.
Wieso dieses System evolutionsbiologisch sinnvoll war, lässt sich am Besten durch ein Beispiel erklären:
Hunger führt zu einem Absinken der Serotonin- und Dopaminspiegel in unserem Gehirn. Man bekommt schlechte Laune. Gleichzeitig führt es zu dem Drang „Essen zu jagen“ (heutzutage einzukaufen). Wenn ich mein Essen jagen will (wir gehen jetzt mal von einem Jäger und Sammler aus), dann bedarf es erhöhter Aufmerksamkeit um die Beute oder die Pflanzen zu finden. Mein Gehirn schüttet also vermehrt Glutamat aus. Gleichzeitig bin ich durch den Hunger und die Gefahren der Jagd gestresst (oder durch das Gedränge im Supermarkt…), was zu einer vermehrten Ausschüttung von Noradrenalin führt, das auch unsere Aufmerksamkeit erhöht und meinen Körper auf die körperlichen Anforderungen der Jagd vorbereitet, da es mein Sympathikussystem aktiviert.
Serotonin- und Dopaminmangel führen also zu Glutamat und Noradrenalinausschüttung. Unser Jäger und Sammler ist jetzt angespannt und erregt, da er seine Beute erspäht hat. Dank des Noradrenalins und der damit verbundenen Adrenalinausschüttung kann er die Beute erlegen und es gibt zu Hause einen gemütlichen Grillabend.
Der Erfolg des Tötens der Beute, die Freude der Gruppe, das Essen des Fleisches und das Sättigungsgefühl führen zu einer Freisetzung von Dopamin und Serotonin, was zu einer Erregung des limbischen Systems führt, wodurch das Belohnungssystem aktiviert wird.
Jetzt ist also der Dopamin- und Serotoninmangel ausgeglichen und unser Jäger und Sammler ist satt, glücklich und zufrieden.
Wir können also sagen in unserem Gehirn gibt es ein Spannungsfeld zwischen aktiviert (Glutamatfreisetzung) und deaktiviert (GABA-Freisetzung) und ein Spannungsfeld zwischen zufrieden (Dopamin- und Serotoninerhöhung) und unzufrieden (Dopamin- und Serotoninerniedrigung).
Ein psychologisches Modell der Emotionen und Affekte, das dies veranschaulicht, ist das sogenannte Circumplexmodell. Serotoninmangel führt eher zu Aggression (Feld III im Schaubild), Dopaminmangel eher zu Niedergeschlagenheit (Feld IV im Schaubild). In der Realität ist es natürlich sehr viel komplexer, aber stark vereinfacht kann man davon ausgehen.
Warum aber ist dies alles jetzt wichtig für das Verständnis von „Selbstverteidigung“?
Wir müssen verstehen, was Angst in unserem Gehirn bewirkt:
Wir sind in einem Zustand des Dopamin- und Serotoninmangels und einer starken Aktivierung durch Glutamat, verbunden mit einer Noradrenalinfreisetzung. Letzteres jedoch nur im Falle einer akut vorhandenen Gefahr.
Um uns kompetent schützen zu können müssen wir also in der Lage sein, unser Gehirn in einen Zustand zu bringen, in dem wir handlungsfähig bleiben und unsere Ressourcen nutzen können. Wie wir im Artikel über „Das Gehirn und die Bilder“ gesehen haben bringt uns zu viel Noradrenalin und Aktivierung nicht weiter, da dadurch unser Verstand auf die „Auswechselbank“ gesetzt wird und wir nur noch instinktiv agieren.
In dem Artikel über „Strassen, Netze und Bewegung“ haben wir gesehen, dass wir „Flow“ am Besten aufrechterhalten wenn wir „aktiviert“ und „begeistert“ sind. Wir brauchen also Serotonin und Glutamat. Körperliche Aktivität als solches setzt schon Dopamin und Serotonin frei, deswegen tut uns ja jede Form von Bewegung gut.
Hilft uns das aber bei „Selbstverteidigung“? Nein.
Warum nicht?
In der Selbstverteidigung geht es darum unverletzt zu bleiben, wenn wir bedroht werden. Was ist Bedrohung? Jemand, der uns bedroht, zeigt Aggression, gegebenenfalls Wut oder Zorn, ist gestresst und erregt.
Durch sogenannte „Spiegelneurone“ in unserem Gehirn nehmen wir die Emotionen der Personen um uns herum auf und zeigen sie ebenfalls. Das bedeutet, dass wir ebenfalls aggressiv werden, wenn wir mit Aggression konfrontiert werden, oder ängstlich, wenn um uns herum die Leute ängstlich sind.
Aggression und Angst sind wie ein Virus: ANSTECKEND
Wie wir oben gesehen habe führen zu viel Angst und/oder Aggression zu Noradrenalinausschüttung und damit dazu, dass unser Verstand nicht mehr handlungsfähig bleibt, die Emotionen und Instinkte übernehmen.
Für effektive Selbstverteidigung muss ich also zunächst Aggression und Angst kennen und akzeptieren.
Jetzt bekommen wir in unserer Gesellschaft aber ein Problem: Aggression und Angst werden ausgeblendet, bzw. verurteilt. Sowohl unsere eigene Aggression und Angst, als auch die Aggression und Angst anderer.
Das bringt uns an das Kernproblem der allermeisten „Selbstverteidigungskurse“ und deren Anbietern.
Um handlungsfähig zu bleiben, wenn mir jemand Aggression entgegenbringt, muss ich an Aggression gewöhnt sein und sie selber auch abrufen können und WOLLEN.
Um mich aber an Aggression, und der damit verbundenen Gewalt, zu gewöhnen muss ich ihr immer wieder ausgesetzt sein. Genau das macht ja den „Gewalttäter“ aus. Er kommt aus einem Milieu, in dem Aggression und Gewalt an der Tagesordnung sind. Für ihn ist Aggression Alltag. Im schlimmsten Fall mag er sogar den Kick, den ihm Gewalt gibt.
Das ist Nichts, was ein „normaler“ Mensch trainieren möchte, aber genau diese „normalen“ Menschen sind es, die lernen wollen sich zu verteidigen.
Wie kann man dieses Problem lösen? Ganz einfach:
Man muss die Leute bei den Kompetenzen abholen, die sie mitbringen. Welche sind das? In erster Linie Angst, denn Angst ist in jedem von uns. Ich muss lernen die Angst in mir zu akzeptieren und auf sie zu hören.
Das, in unseren Augen, beste Buch, das über Selbstverteidigung geschrieben wurde, ist „Mut zur Angst“ von Gavin de Becker.
In dem Artikel „Was ist Realität“ haben wir hier erläutert, dass unser Gehirn permanent seine Umgebung über verschiedene Kanäle wahrnimmt und genau da kommt unsere Angst ins Spiel. Unser Unterbewusstsein bewertet permanent, was um uns herum passiert.
Eine Situation oder eine Person „ist uns nicht geheuer“, wir wissen nicht warum, aber irgendetwas passt nicht. Genau diesem Impuls sollten wir vertrauen. Wir sollten die Straßenseite wechseln, in ein Geschäft gehen oder von ihr keine Hilfe, kein Getränk etc. annehmen. Angst versetzt uns in einen Zustand von Erregung, d.h. Glutamat wird freigesetzt und auch Noradrenalin. Wir müssen nur dafür sorgen, dass es nicht zu viel wird und wir noch handlungsfähig bleiben.
Wenn wir das Gefühl der Angst in uns zulassen und uns daran gewöhnen, dann überrascht sie uns nicht so sehr, als wenn sie plötzlich und massiv auftritt. Wir müssen lernen die kleinen Vorboten zu erkennen. Die kleinen körperlichen Reaktionen wie feuchte Hände, ein schnellerer Puls, ein trockener Mund. Diese Vorboten sind bei jedem unterschiedlich und wir müssen lernen UNSERE Stress- und Angstreaktionen zu erkennen.
Als nächstes müssen wir dann lernen uns nicht davon überwältigen zu lassen. Wir brauchen etwas das uns aktiv werden lässt. In den Deeskalationskursen, die wir geben, nennt man das einen „Stoppsatz“. Das Auftreten dieser körperlichen Reaktionen führt zu dem Satz, den ich mir innerlich sage (etwa „ruhig bleiben“), was dazu führt, dass mein Bewusstsein mitbekommt, was gerade passiert.
Dann kann ich die Dinge tun, die helfen mich zu beruhigen. Etwa tief durchatmen, mir schöne Dinge vorstellen, die Schläfe reiben, oder eben die Straßenseite wechseln, Jemanden anrufen, in ein Geschäft gehen, jemanden um Hilfe bitten, also all das, was mir hilft mich in einer konkreten Situation zu beruhigen.
Moment! werden jetzt einige sagen. DAS soll Selbstverteidigung sein? Wo ist der Teil mit Kämpfen? Mit wehrhaft werden? Sich stark fühlen?
Auch wenn viele Menschen es nicht hören wollen:
Selbstverteidigung ist zu 75% Aufmerksamkeit und Deeskalation und nur zu 25% körperliches Handeln.
Letzteres sieht jetzt für den „Durchschnittsbürger“ auch nicht so aus wie im Kino, in dem man einen Angreifer schlägt oder tritt und er umfällt. Körperliches Handeln besteht in SelbstSCHUTZtechniken, die effektiv sind und leicht zu erlernen.
Was kann das sein?
Diese Techniken müssen mich in die Lage bringen handlungsfähig zu bleiben, wenn mir körperliche Gewalt angetan wird. Ich muss also lernen was passiert, wenn ich Schlägen, Tritten und Festhaltetechniken ausgesetzt bin und was ich tun kann, damit ich nicht sofort in den Überforderungsmodus komme.
Dabei geht es nicht darum den Gegenüber K.O. zu schlagen, sondern mich in eine Position zu bringen, in der ich die gefährliche Situation durch Flucht verlassen kann.
Das können Deckungsbewegungen sein, damit ich nicht ungeschützt getroffen werde, oder Bewegungsmuster, die mich in eine Position bringen, in der ich weglaufen kann. Eine andere Option wäre es noch legale Hilfsmittel einzusetzen, aber auch das muss man immer wieder üben.
Was genau bringen Kampfkünste jetzt für die Selbstverteidigung?
Unbewaffnete Kampfkünste setzen mich in jedem Training körperlicher Gewalt aus. Ich lerne wie es ist von Schlägen und Tritten getroffen zu werden (dafür muss ich aber auch eine Kampfkunst trainieren, die mit entsprechendem Kontakt übt). Ich lerne Hilflosigkeit und wie ich sie überwinde. Hilflosigkeit und Schmerz erzeugen Angst und durch die Noradrenalinfreisetzung, in Kombination mit gelernten Bewegungen, lerne ich sie zu überwinden.
Ich lerne meinen Gegenüber zu DOMINIEREN. Diese Dominanz ist das Ziel einer Kampfkunst. Aus der Dominanz der Situation kann ich aktiv handeln. Training ermöglicht es mir diese Dominanz auszuüben.
Wenn man jetzt noch den Umgang mit Klingenwaffen dazu nimmt, dann kann man das Ganze noch potenzieren, denn Klingen erzeugen noch einmal mehr Stress. Wenn ich unbewaffnet hartes Sparring brauche, um Hilflosigkeit und Angst zu simulieren bringen mich selbst stumpfe Klingenwaffen sehr schnell in den Zustand der Angst, da man sich einfach keine Fehler erlauben kann.
Aus diesem Grund trainieren viele traditionelle Schulen auch ohne große Schutzausrüstungen. Ich muss Angst haben getroffen zu werden. Es muss weh tun (aber eben nur so viel, dass man nicht dauerhaft verletzt wird).
Ein solches Training führt aber eben auch dazu, dass man lernt seiner eigenen Aggression Raum zu geben und lernt dem Gegenüber Gewalt anzutun (wenn auch kontrolliert). Richtig. Wenn ich lernen will mit Gewalt umzugehen, dann muss ich lernen Gewalt auszuüben und dafür muss ich mich mit Aggression auseinandersetzen.
Kampfkünste belohnen erfolgreiche Aggression mit Dopamin, dadurch lerne ich Gewalt zu akzeptieren und ihre Ausübung als etwas Gutes zu sehen. Das ist nichts für jedermann.
Aber auch Kampfkunst alleine reicht noch nicht aus, um sich wirklich effektiv verteidigen zu können denn es bedarf noch eines Punktes:
Den regelmäßigen Umgang mit realer Aggression und Gewalt.
Spätestens hier sind wir an dem Punkt, an dem so gut wie alle Durchschnittsbürger nicht mehr weiterkommen werden.
Regelmäßiger Umgang mit realer Gewalt findet entweder im behördlichen Umfeld, dem Militär, geschlossenen Einrichtungen, „an der Tür“, oder dem kriminellen Milieu statt. Nur dort kann man den Umgang mit Gewalt so trainieren, dass es etwas „Alltägliches“ wird.
Diese Gewöhnung ist der Schlüssel für das Ausbilden neuronaler Netze, die einen befähigen handlungsfähig zu bleiben, wenn man Aggression und Gewalt ausgesetzt ist.
Wirkliche Profis nutzen den Virus Angst und Gewalt um direkt in den Modus „aktiviert“ und „erregt“ zu gelangen. Bei Ihnen setzt es direkt Glutamat und Serotonin frei.
Diese Personen sind in aggressiven/gewalttätigen Situationen in einem Modus wie der Jäger/Sammler auf der Jagd: Aufmerksam, freudig erregt und ruhig. Sie sind „im Flow“ im Angesicht der Gewalt. Ihr Puls geht eher runter als hoch, sie werden ruhiger und nicht nervöser. Sie sind wie der Tiger vor der Beute: Sie dominieren ganz natürlich die Situation.
Es gibt genetische Voraussetzungen, und bestimmte Situationen vor und nach der Geburt, die unser Gehirn so verändern, dass es diesen Zustand einfacher erreicht. Man spricht bei Personen, die solche Veranlagungen haben, dann von Sensation Seekern, aber auch bestimmte Persönlichkeitsstörungen können sich daraus entwickeln. Es kommt immer darauf an, wie man mit den Veranlagungen umgeht, bzw. in welchem soziokulturellen Kontext man groß wird.
Auch dort, wo professionell mit Gewalt umgegangen wird, schaut man sich die Leute, die man dafür dort arbeiten lässt, sehr genau an und nicht jeder wird in eine solche Situation gelassen.
Die meisten Menschen haben jedoch eben nicht diese Veranlagung als Sensation Seeker und für sie besteht Selbstverteidigung in Aktivierung und Wahrnehmung und daraus resultieren dann das Erkennen und Zulassen von Angst. Für sie bedeutet „Gewaltkompetenz“ der Situation aus dem Weg zu gehen, bzw. so schnell und unverletzt wie möglich der Situation entkommen.
Professionelle Gewaltkompetenz geht, auf der anderen Seite, auch mit „Selbstverteidigungsfähigkeit“ einher, aber der Preis dafür ist eben auch das Akzeptieren und Trainieren der eigenen Aggression und der Fähigkeit anderen Menschen Gewalt anzutun. Man muss lernen andere Menschen zu dominieren. Das kann ein gefährlicher Weg für die eigene Psyche werden und das ist der Grund warum viele traditionelle Kampfkünste, ab einem gewissen Grad, eine Verbindung zu Religion und Philosophie haben. Wo Licht ist, ist auch immer Schatten.
In der „Neurobiologie der Selbstverteidigung“ kann man also sagen, dass ein Serotoninmangel uns aggressiv macht, ein Dopaminmangel uns unglücklich. Eine GABA Aktivierung sorgt dafür dass wir unachtsam und müde sind. Glutamat hingegen macht uns aufmerksam, genauso wie Noradrenalin. Letzteres kann jedoch, wenn es zu viel ausgeschüttet wird, unser willentliches Handeln erschweren.
Angst sorgt für eine plötzliche Erregung -> Glutamat und Noadrenalinfreisetzung. Man muss also dafür sorgen sie frühzeitig zu erkennen und Handlungsmöglichkeiten entwickeln die dafür sorgen die sie abbauen.
Ein Serotoninmangel führt zu Aggression, dies kann genetisch/epigenetisch bedingt sein, oder situativ. Man muss lernen mit diesem Mangel umzugehen und sich über das Belohnungssystem sozialverträglichen Ausgleich suchen, so dass ich die Aggression in einen Flowzustand überführen kann. Dies ist ein schwieriger Weg in der Ausbildung (bzw. der Therapie) und nichts was man hier tiefer erläutern kann.
Ein Überschuss an GABA führt zu Unkonzentriertheit und Müdigkeit. In der Selbstverteidigung ist dies relevant da ich einerseits durch z.B. Alkohol unkonzentriert werde und somit nicht den Zustand der Aufmerksamkeit habe um auf meine Angst zu hören und andererseits sorgt Alkohol dafür, dass ich nicht mehr die Aufmerksamkeit habe meine Aggression willentlich zu unterdrücken, denn das erfordert ebenfalls ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit. Dies ist der Grund, warum Alkohol enthemmend wirkt: Mein Frontalhirn hat nicht mehr die Möglichkeit die Emotionen zu kontrollieren.
Selbstverteidigung muss also zwischen professionellen Umgang mit Gewalt differenzieren, dessen Ziel es sein muss Dominanz zu etablieren, und „nicht professionellem“ Umgang mit Gewalt, dessen Ziel es sein muss unversehrt aus der Situation zu entkommen.
Beim professionellen Umgang muss ich lernen mit der Aggression und Angst in mir umzugehen und in der Lage sein einen Flowzustand zu erreichen, wenn ich Aggression, Wut oder Angst ausgesetzt bin.
Beim nicht professionellen Umgang mit einer solchen Situation muss ich lernen meine Angst zu erkennen und mich von ihr nicht handlungsunfähig machen zu lassen, damit ich so schnell wie möglich der Situation entkommen kann. Dabei können legale Hilfsmittel eine wichtige Rolle spielen, aber auch das Kennenlernen echter Aggression und das Erleben der eigenen Hilflosigkeit.
Nicht jeder ist für alles gemacht, denn jeder von uns hat sein eigenes Gehirn…